Wenn das Familienleben schief steht und ein harmonisches Zusammenleben nicht mehr möglich scheint, dann ist Hilfe von außen oft die rettende Lösung. Familienberaterin Elisabeth Schmidt im Safersurfing-Interview.
Familiengesundheitsberatung – Was ist das?
Safersurfing: Worin konkret besteht Ihr Tätigkeitsbereich?
Elisabeth Schmidt: Ich berate, begleite und leite Familien mit Kindern im Altern von 0 bis 18 Jahren in herausfordernden Situationen (z.B. Schulverweigerung, Ängste, Einschlafschwierigkeiten, Eltern-Kind-Beziehung oder Medienkonsum), direkt bei den Familien zu Hause oder im nahen Umfeld, wie zum Beispiel am Spielplatz oder bei Ausflügen.
Safersurfing: Was genau kann man sich unter einer Familiengesundheitsberatung vorstellen?
Elisabeth Schmidt: Ich besuche prophylaktisch, also vorbeugend, Familien in ihrem Zuhause, sobald sich bestimmte Probleme zeigen. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn das Kind in der Schule plötzlich aggressiv oder wütend reagiert, auf Mitschüler losgeht, etc.
„Hier ist das Augenmerk auf die mentale und körperliche Gesundheit der Familie gerichtet, damit sich die Familie als Ganze sowie das Kind/der Jugendliche gesund entwickeln kann. Manchmal braucht es nur einen kleinen Wink oder eine entsprechende Anpassung, damit alles wieder passt.“
Digitale Medien – Familiäre Herausforderung
Safersurfing: Welche Erfahrungen haben Sie im Rahmen Ihrer Arbeit in Zusammenhang mit Familie und digitalen Medien gemacht?
Elisabeth Schmidt: Der Fernseher läuft oft „einfach so nebenbei“. Egal ob Fernseher, Tablet oder das Smarthone: Siri & Co. sind ein fixer Bestandteil im Familienalltag. Es kommt zu Eskapaden und Wutausbrüchen, weil das Handy einmal abgenommen oder das Internet vorübergehend abgedreht wurde. Außerdem sind Kinder und Jugendliche in dieser Hinsicht sehr kreativ. Ich persönlich würde mir wünschen, dass sie dies auch vermehrt in anderen Bereichen wären – also mehr Motivation für das „echte“ Leben, anstatt ausschließlich online.
„Es wird kaum ernsthaft in Frage gestellt, was ein überbordender Medienkonsum mit der Entwicklung eines Kindes macht. Ich möchte ein stückweit Bewusstsein schaffen und auf potentielle Risiken aufmerksam machen.“
Nicht zu vergessen ist, dass Handy & Co. eine „Sogwirkung“ haben. Für Kinder noch deutlich mehr als für uns Erwachsene. Bin ich mir dessen erst einmal bewusst, kann ich gezielter handeln, gegensteuern oder nach Alternativen suchen.
„Das Thema Aufklärung ist in dieser Hinsicht also enorm wichtig. Ein zu hoher Medienkonsum ist eben nicht gut für die geistige und emotionale Entwicklung des Kindes.“
Safersurfing: Gibt es konkrete Probleme, die Ihnen diesbezüglich in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen aufgefallen sind?
Elisabeth Schmidt: Ja, eine geringere Frustrationstoleranz und die mangelnde Fähigkeit, Grenzen auszuloten (z.B. ob die Handyzeit nicht doch noch verlängert werden kann), sowie eine zunehmend steigende Abhängigkeit von Smartphone und anderen Geräten.
„Hier sind auch die Vorbildwirkung der Eltern sowie die Auseinandersetzung mit dem eigenen Kind gefragt. Dabei geht es nicht um den erhobenen Zeigefinger, sondern um die Frage: „Was ist gut für mein Kind?“ Genau hier setzt meine Beratung an. Es geht mir um Aufklärung darüber, was passieren kann und, dass es eben nicht so weit kommen muss.“
Was mir konkret auffällt, ist, wie stark sich Jugendliche (vor allem Mädchen) über soziale Medien mit anderen vergleichen. Wie man zu sein hat, wie man auszuschauen hat, etc.
Andererseits erkenne ich auch in der Sprache und dem täglichen Miteinander einen großen Wandel. Es macht einen entscheidenden Unterschied, ob ich beispielsweise mit meinem Kind gemeinsam eine Dokumentation oder einen Film ansehe und hier als Elternteil erklärend tätig bin, oder ob irgendeine Serie aufgedreht wird, die ich als Vater oder Mutter selbst gar nicht kenne, und mein Kind damit allein lasse.
„Ich betrachte es generell als problematisch, Ipad & Co. als Babysitter zu verwenden oder Bildschirmzeit als Belohnung einzusetzen. Es darf und soll eine Besonderheit, eine Ausnahme bleiben.“
Tipps aus der Familiengesundheitsberatung
Safersurfing: Welche Empfehlungen geben Sie Familien in Sachen Umgang mit digitalen Medien mit auf den Weg?
Elisabeth Schmidt: Generell gilt: Weniger ist mehr und je später desto besser. Ein ein-, zwei,- oder dreijähriges Kind hat an einem Tablet oder Smartphone noch nichts verloren. Auch wenn es noch so anziehend erscheinen mag. Ein Kleinkind braucht die Nähe zur Mutter, das Miteinander mit dem Vater, um sich gesund und altersgerecht entwickeln zu können.
„Ich empfehle daher digitale Medien frühestens ab dem 6. Lebensjahr zu konsumieren und auch dann nur höchstens eine halbe Stunde pro Tag.“
Eine Idee wäre es auch, den Medienkonsum generell als etwas „Besonderes“ zu handhaben, wie beispielsweise einmal pro Woche gemeinsam einen Film anzuschauen, den sich das Kind vorher aussuchen darf.
„Werden Sie als Eltern kreativ und beziehen Sie Ihr Kind mit ein! Sie werden staunen, wie viele Alternativen es fernab der digitalen Welt gibt.“
Safersurfing: Welche Unterstützung wünschen Sie sich konkret zum Thema digitale Medien in der Familie?
Elisabeth Schmidt: Ich würde mir wünschen, dass meine Beratung einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich wird. Das bräuchte unter anderem die Unterstützung von großen Trägern, die meine Leistungen teilweise oder auch voll übernehmen. Ich biete Vorträge in Schulen und Kindergärten zu diesem Thema an. Interessierte Einrichtungen können mich jederzeit kontaktieren. Außerdem biete ich spezielle Beratungen für Pädagogen an, denn diesen Weg können wir nur gemeinsam gehen.
Safersurfing freut sich über das Angebot und die Möglichkeit einer Familiengesundheitsberatung, wie sie von Elisbeth Schmidt angeboten wird. Weitere Beiträge zu den Themen Kinder- und Jugendschutz im Internet, digitale Medien sowie Infos zur aktuellen Gesetzeslage findest du auf unserer Website.
Bildquelle: ©Foto von Joel Muniz auf Unsplash
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