Ich war gerade mal acht oder neun Jahre alt, als ich ein Hardcore-Pornomagazin in einem Papiercontainer fand. Ich wusste bislang nichts über sexuelle Dinge oder Pornografie und was ich da sah, drehte mir den Magen um.

Zugleich war ich aber vollkommen fasziniert…

Einstieg in die Pornosucht

Meine zweite Begegnung mit Pornografie hatte ich mit zwölf Jahren in Form eines Strip-Poker-Kartenspiels. Durch Fernsehen, Pornomagazine und Internet klärte ich mich dann selber auf. Ich spürte schnell, dass ich mich nach dem „Solo-Sex“ (Masturbation und Pornografie) oft noch leerer fühlte als vorher und konnte trotzdem nicht damit aufhören.

Dennoch hätte ich mich in dieser Zeit nicht als einen „Abhängigen“ bezeichnet. Erst viel später gestand ich mir ein, dass ich tatsächlich pornosüchtig war und stets getrieben, den „Stoff“ so schnell wie möglich zu finden und mich zu befriedigen. Einmal stieg ich auf der Suche nach einem Pornoheft sogar in einen großen Papiercontainer – obwohl in meiner Wohnhausanlage noch zweitausend andere Mieter wohnten. Ich musste feststellen, dass kaum einer Playboy & Co. dem Altpapier überlässt– und, dass mir mittlerweile fast nichts mehr zu peinlich war.

Auch meine Eltern wussten nichts von meinem nächtlichen Porno-Konsum: Computer und Fernseher befanden sich im Keller und ich selbst blieb dort oft bis zwei oder drei Uhr nachts hängen. In Geschäften schlich ich mich herum wie ein Dieb, um dann zum richtigen Zeitpunkt Material aus der Erotik-Abteilung zu ergreifen und schnell damit nach Hause zu flüchten – in der Hoffnung, nicht gesehen zu werden.

Auf frischer Tat ertappt

Der Wendepunkt kam erst, als ich von meiner Freundin Karina erwischt wurde, während ich wieder mal auf Porno-Internetseiten unterwegs war. Es gab natürlich noch weitere Faktoren, die zum Ende meiner Sucht beigetragen haben. Zum einen spürte ich, wie sehr ich Karina damit verletzte und dass ich so nicht einfach weitermachen konnte. Gleichzeitig war ich zu einer Zeit „erwischt“ worden, zu der ich bereits ganz unten angekommen war und so nicht mehr weitermachen wollte.

Ich glaube, dass wir oft noch nicht an diesem Punkt angelangt sind und uns – frei nach dem Motto „Ein bisschen Porno tut keinem weh“ – ein Hintertürchen offen halten.

Geholfen haben mir vor allem zwei Dinge: Erstens habe ich mit meinem besten Freund und meiner Frau zwei Rechenschaftspartner, mit denen ich immer wieder über meine Situation rede. Achtzig Prozent der Porno-Power ist gebrochen, wenn Menschen anfangen zu reden und ihre Gedanken mit anderen teilen. Außerdem habe ich eine Schutzsoftware installiert, die regelmäßig meinen Rechenschaftspartnern mitteilt, welche Websiten ich besuche.

Trigger erkennen, Fallen aus dem Weg gehen

Mir ist klar geworden, dass ich es alleine nicht schaffen kann, clean zu bleiben. Ich habe gelernt, keine Angst vor dem nächsten Fall zu haben und mich beim Thema Sexualität nicht zu verkrampfen. Sehe ich eine nackte Frau auf einer Plakatwerbung, breche ich also nicht gleich in Panik aus, sondern registriere, was ich gesehen habe, ohne es dabei eindringlich zu studieren und gehe weiter meines Weges.

Ich habe gelernt, über meine Sexualität zu reden und nachzudenken. Wichtig war für mich, herauszufinden, wodurch ich überhaupt erst anfällig wurde.

Bei mir hatte das mit Einsamkeit, Angst und Müdigkeit zu tun. Meine Frau und ich haben es uns angewöhnt, gleichzeitig schlafen zu gehen. Den Ehemann, der bis spät in die Nacht Pornos schaut, gibt es nicht mehr. Bei anderen mag der Nährboden aus Langeweile, nicht verarbeiteten Gefühle, eine Krise, der Sehnsucht nach einem Abenteuer oder dem Mangel an liebevollen Beziehungen bestehen. Pornografie ist nur eine billige Kopie dessen, was Sexualität eigentlich sein kann.

Seit mir das Thema „Auswege aus der Pornografie“ am Herz liegt, bin ich Teil eines Teams, das Menschen dabei helfen will, damit aufzuhören. Mein Ziel ist es, dass Menschen beginnen, über den Ausweg aus der Pornografie nachzudenken zu sprechen. Außerdem habe ich zusammen mit einem Team Selbsthilfegruppen ins Leben gerufen.

Ich bin unglaublich froh darüber, dass ich all diesen Mist hinter mit lassen konnte. Danke an meine Frau Karina für ihre Geduld und ihre Liebe zu mir! Den „Klotz am Bein“ bin ich losgeworden und ich erlebe nun, wie schön die Freiheit der Sexualität ist, die für uns Menschen möglich ist. Auf unserer Website findest du jede Menge weitere Zeugnisse von Betroffenen, die es geschafft haben!

Phil

 

Bildquelle: ©JeniaHamminger

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