{"id":603,"date":"2017-07-01T22:31:27","date_gmt":"2017-07-01T22:31:27","guid":{"rendered":"https:\/\/www.safersurfing.org\/?p=603"},"modified":"2019-07-30T11:48:09","modified_gmt":"2019-07-30T09:48:09","slug":"ausstieg-aus-der-pornosucht","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.safersurfing.org\/loveismore\/ausstieg-aus-der-pornosucht\/","title":{"rendered":"Phil: Die Porno-Power ist gebrochen"},"content":{"rendered":"
„Was ich nicht will, das tue ich“ – mit diesem Vers kann ich mich leider allzu gut identifizieren. Es dauerte eine Weile bis die Porno-Power aus meinem Leben verschwand.<\/p>\n
Als Leiter einer Jugendgruppe war ich bei vielen Leuten gut angesehen \u2013 und konsumierte zur gleichen Zeit zehn Jahre lang manchmal bis sp\u00e4t in die Nacht Pornos. Mit dieser Abh\u00e4ngigkeit verletzte ich nicht nur meine damalige Freundin schwer. Ich selbst war ebenfalls verzweifelt, weil ich wusste, dass das, was ich tat, nicht gut f\u00fcr mich war.<\/p>\n
Mit gerade mal acht oder neun Jahren, fand ich ein Hardcore-Pornomagazin in einem Papiercontainer. Ich wusste bislang nichts \u00fcber sexuelle Dinge oder Pornographie und was ich da sah, drehte mir den Magen um. Gleichzeitig war ich fasziniert davon, was ich da zu sehen bekam. Meine zweite Begegnung mit Pornographie hatte ich mit zw\u00f6lf Jahren in Form eines Strip-Poker-Kartenspiels. Durch Fernsehen, Pornomagazine und Internet kl\u00e4rte ich mich dann selbst \u00fcber sexuelle Dinge auf. Ich sp\u00fcrte, dass mir der einsame Sex nur eine gro\u00dfe Leere ins Herz brachte und meiner Entwicklung nicht gut tat.<\/p>\n
Ich k\u00e4mpfte schwer mit meinen Schuldgef\u00fchlen. Trotzdem h\u00e4tte ich mich in dieser Zeit nicht als ein von Pornographie Abh\u00e4ngiger bezeichnet. Erst viel sp\u00e4ter gestand ich mir ein, dass ich tats\u00e4chlich pornos\u00fcchtig<\/a> war und stets getrieben, den „Stoff“ so schnell wie m\u00f6glich zu finden und mich zu befriedigen. Einmal stieg ich auf der Suche nach einem Pornoheft sogar in einen gro\u00dfen Papiercontainer \u2013 obwohl in meiner Wohnhausanlage noch zweitausend andere Mieter wohnten. Ich musste feststellen, dass kaum einer Playboy & Co. ins Altpapier gibt \u2013 und dass mir mittlerweile fast nichts mehr zu peinlich war.<\/p>\n Als Jugendleiter konnte ich niemandem von meinen Porno-Problemen erz\u00e4hlen — schon gar nicht den Jugendlichen. Dabei f\u00fchlte ich mich so, als w\u00fcrde ich ein Doppelleben f\u00fchren. Oft fragte ich meinen Wert f\u00fcr die Gesellschaft – mit einem solchen „Klotz am Bein“. Auch meine Eltern wussten nichts von meinem n\u00e4chtlichen Porno-Konsum. Computer und Fernseher befanden sich im Keller und ich selbst blieb dort oft bis zwei oder drei Uhr nachts h\u00e4ngen. In Gesch\u00e4ften schlich ich mich herum wie ein Dieb, um dann zum richtigen Zeitpunkt CDs aus der Erotik-Abteilung zu ergreifen und schnell damit nach Hause zu fl\u00fcchten \u2013 in der Hoffnung, blo\u00df nicht gesehen zu werden. Das Unvermeidliche passierte trotzdem eines Tages: Als mich ein anderer Jugendleiter mit seiner Frau beinahe bei einer meiner Porno-Touren erwischte, war ich dann auch f\u00fcr l\u00e4ngere Zeit fast „clean“.<\/p>\n Der Wendepunkt kam allerdings erst, als ich von meiner Freundin Karina erwischt wurde w\u00e4hrend ich gerade auf zweifelhaften Internetseiten unterwegs war. Ich schaltete den Computer so schnell wie m\u00f6glich ab und verschwand \u2013 auch aus biologischen Gr\u00fcnden \u2013 im n\u00e4chsten „Mauseloch“, einem Kasten mit schweren Schiebet\u00fcren. Wie ein H\u00e4ufchen Elend sa\u00df ich also dort; so beschreibt es meine Frau Karina<\/a> heute bei Seminaren. „Phil, ich glaube, wir m\u00fcssen reden“, sagte sie damals zu mir, w\u00e4hrend ich tausend Tode gestorben bin. F\u00fcr mich kam nur noch eines in Frage: Ich musste endlich raus aus dem Porno-Mist.<\/p>\n Noch am gleichen Tag ging ich vor meiner Freundin auf die Knie und versprach, nie wieder etwas mit Pornographie zu tun zu haben. Ein solches Versprechen ist sicherlich kein Patentrezept. F\u00fcr mich aber war es damals genau richtig und seitdem bin ich frei davon. Es gab nat\u00fcrlich noch weitere Faktoren, die zur Beendigung meiner Sucht beigetragen haben. Zum einen sp\u00fcrte ich, wie sehr ich Karina damit verletzte und dass ich so nicht einfach weitermachen konnte. Gleichzeitig war ich auch in einer Zeit erwischt worden, in der ich bereits am Boden war und nicht mehr weitermachen wollte. Ich glaube, dass wir oft nicht an diesem Punkt sind und uns, frei nach dem Motto „Ein bisschen Porno tut ja niemanden weh“,\u00a0 ein Hintert\u00fcrchen offen halten.<\/p>\n Geholfen haben mir vor allem zwei Dinge: Erstens habe ich mit meinem besten Freund und meiner Frau zwei Rechenschaftspartner, mit denen ich immer wieder \u00fcber meine Situation rede. Achtzig Prozent der Porno-Power ist gebrochen, wenn Menschen anfangen zu reden und ihre Gedanken mit anderen teilen. Au\u00dferdem habe ich mir eine eigene Schutzsoftware eingebaut, die regelm\u00e4\u00dfig meinen Rechenschaftspartnern mitteilt, welche Websites ich besuche.<\/p>\n Mir ist klar geworden, dass ich es alleine nicht schaffen kann, clean zu bleiben. Ich habe gelernt, keine Angst vor dem n\u00e4chsten Fall zu haben und mich beim Thema Sexualit\u00e4t nicht zu verkrampfen. Sehe ich eine nackte Frau auf einer Plakatwerbung, breche ich also nicht gleich in Panik aus. Stattdessen registriere ich, was ich gesehen habe, ohne es dabei eindringlich zu studieren und gehe weiter meines Weges. Ich habe gelernt, \u00fcber meine Sexualit\u00e4t zu reden und nach zu denken, die Dinge beim Namen zu nennen und zu achten, das Vakuum in meinem Herzen zu f\u00fcllen. Wichtig war f\u00fcr mich, herauszufinden, wodurch ich \u00fcberhaupt erst anf\u00e4llig wurde. Bei mir hatte das mit Einsamkeit, Angst und M\u00fcdigkeit zu tun. Meine Frau und ich haben es uns angew\u00f6hnt, gleichzeitig schlafen zu gehen. Den Ehemann, der bis sp\u00e4t in die Nacht Pornos schaut, gibt es nicht mehr. Bei anderen mag der N\u00e4hrboden Langeweile, nicht verarbeitete Gef\u00fchle, eine Krise, Abenteuersuche oder der Mangel an liebevollen Beziehungen sein. Pornographie ist nur eine billige Kopie dessen, was Sexualit\u00e4t eigentlich sein kann.<\/p>\n Seit mir das Thema „Auswege aus der Pornographie“ am Herz liegt, bin ich Teil eines Teams, das Menschen dabei helfen will, damit aufzuh\u00f6ren. Mein Ziel ist es, dass Menschen beginnen, \u00fcber den Ausweg aus der Pornographie<\/a> zu sprechen. Zus\u00e4tzlich habe ich mit einem Team Selbsthilfegruppen<\/a> ins Leben gerufen. Ich bin unglaublich froh dar\u00fcber, dass ich aus diesem Mist herausgekommen bin. Dass meine Frau Karina geduldig war und ist und mir viel Liebe schenkt. Den „Klotz am Bein“ bin ich losgeworden und ich erlebe nun, wie sch\u00f6n die Freiheit der Sexualit\u00e4t ist, die f\u00fcr uns Menschen m\u00f6glich ist. Nat\u00fcrlich kommen auch immer wieder Zeiten, in denen ich angefochten werde. Dann muss ich die Dinge rechtzeitig ans Licht bringen, bevor sie erneut anfangen, zu g\u00e4ren.<\/p>\nDie Porno-Power bricht zusammen<\/h2>\n
Zwei Meilensteine auf meinem Weg<\/h2>\n