Es ist ein fauler Sonntagnachmittag. Im Fernsehen läuft ein Footballspiel, auf dem Kaffeetisch stehen Snacks, und mein Mann und unsere dreizehnjährige Tochter räkeln sich faul in ihren Sesseln während der Werbepause. Die Spielübertragung geht weiter, oder genauer gesagt, die Darbietung der Cheerleader… die Kamera fährt ganz nah an eine kaum bekleidete, blonde Bombe heran. Meine Tochter wendet sich ihrem Papa zu, um ihn nach dem Spielstand zu fragen, aber seine Augen kleben an dem Bildschirm.
„Papa, ich habe dich gerade gefragt, wer am Gewinnen ist? Hast du mich überhaupt gehört?“
„Ähm, was war das? Tut mir leid, Liebes… sag es noch einmal.“
„Macht nichts, Papa. Lass uns nur das Spiel schauen.“
Wenige Monate später, spät am Abend, weckt mich der Ton des Fernsehers aus dem Wohnzimmer auf. Ich denke mir: „Er konnte wohl nicht schlafen… er macht sich wohl Sorgen wegen der Arbeit. Ich werde ihn fragen, ob er darüber sprechen möchte.“ Ich gehe ins Wohnzimmer und finde meinen Mann auf dem Fußboden sitzend und auf die laufenden Bilder auf dem Bildschirm starrend. Als ich ihn gerade fragen will, was er sich da ansieht, trifft es mich wie ein Schlag; er schaut sich die laufenden Bilder von nackten Frauen auf dem Playboykanal an – in unserem Wohnzimmer!
Das kann nicht sein… Ich stehe, wie eingefroren in Schock und Entsetzen, unfähig, mich zu bewegen. Mein Mann weiß nicht, dass ich drei Meter hinter ihm stehe. Ich kann die Szene vor mir nicht wegwischen, und ich höre mich sagen: „Was tust du?“ Erschrocken springt er auf und schaut mich zornig an, als wäre ich ein Eindringling in seine Phantasiewelt… dann wechselt sein Gesichtsausdruck plötzlich zu Schuldbewusstsein, und er brummelt: „Uuhh, ich bin durch die Kanäle gesurft und habe zufällig den Playboykanal erwischt.“ Zu der Zeit hatte ich noch nichts von Sexabhängigkeit gehört und wusste nicht, dass viele Männer mit Pornografie kämpfen; in meinem Bekanntenkreis hatte noch niemand darüber gesprochen. Ich fragte einige meiner Freunde, ob ich mir Sorgen machen müsste, aber sie meinten, dafür gäbe es keinen Grund, das sei wohl nur ein Einzelfall gewesen. Ich hatte keinen Grund, ihnen oder meinem Mann nicht zu glauben.
Mein Mann hielt seine Sexabhängigkeit während der ersten sechzehn Jahre unserer Ehe geheim, aber mit der Zeit änderte sich sein Verhalten, und wir wussten, dass etwas ernsthaft falsch war. An vielen Abenden beim Abendessen saß er nur da und starrte in die Luft und sagte oft nichts; er war gewöhnlich zu müde, deprimiert oder in sich selbst gekehrt, um sich mit jemandem zu unterhalten.
Mein Mann hatte vielleicht seine Abhängigkeit verborgen, aber er konnte nicht verbergen, was sie ihm – und uns – antat. Eines Abends kam unsere inzwischen sechzehn Jahre alte Tochter zu mir, weinte und sagte: „Mama, mit Papa stimmt etwas überhaupt nicht; er redet nicht mit mir, so wie es andere Väter mit ihren Kindern tun. Wenn er mich fragt, wie mein Tag war, hört er gar nicht auf meine Antwort. Wenn wir ins Kino gehen, ist es so, als ob er allein sitzt in einem Raum voller Leute. Er kann niemandem ins Gesicht schauen. Meine Freunde fragen mich, warum er so ist, und sie möchten nicht zu uns nach Hause kommen. Wenn so mein Leben aussehen soll, dann möchte ich nicht leben… und hast du bemerkt, dass Papa seine Augen nicht von den Cheerleadern im Fernsehen und von anderen Frauen lassen kann?“
Uns Frauen fällt es schwer, uns dieser Sache zu stellen; keine Frau möchte, dass ihr Mann in solchen Sachen drinsteckt. Es ist schmerzhaft, und es ist schwer, andere Frauen zu finden, die bereit sind, darüber zu reden. Als meine Tochter in eine Depression mit Selbstmordgefahr fiel, nahm ich all meinen Mut zusammen und konfrontierte meinen Mann mit seinem Verhalten. Er stimmte zu, für sich eine Therapie in Anspruch zu nehmen und wir gingen zur Eheberatung.
Aber bei meiner Tochter war der Schaden schon angerichtet, und sie suchte die Liebe und Aufmerksamkeit, die sie sich von ihrem Vater ersehnt hatte, bei der falschen Art Männer. Mit achtzehn hatte sie ihre erste sexuelle Erfahrung – als Vergewaltigungsopfer bei einer Verabredung. Das war nur der Anfang ihrer Suche nach Liebe bei selbstsüchtigen Männern, die sie nur für ihr eigenes Vergnügen benutzten. Ein Jahr später warf sie sich eines Abends in Tränen mir zu Füßen und offenbarte, dass sie sich der Prostitution hingegeben hatte. Mein Herz zerriss vor Kummer und Sorge, wie ich meine Tochter da schluchzend vor mir am Boden sah… ich versuchte, sie aufzurichten und in die Arme zu nehmen, aber sie stieß mich weg. Ich fragte mich, ob sie sich so besudelt und schmutzig vorkam, dass sie glaubte, niemand könne sie jetzt mehr lieben, nicht einmal ihre eigene Mutter. Als ich meinem Mann erzählte, was für eine tragische Wendung das Leben unserer Tochter genommen hatte, schwieg er; er konnte mich nicht einmal ansehen. Seine Reaktion war, dass er sich noch tiefer in die Isolation zurückzog. Das ging wochenlang so, bis ich es nicht mehr aushalten konnte, und ich stellte ihn im Wohnzimmer zur Rede.
„Hast du immer noch mit Pornografie und Masturbation zu tun?“
Er schaute mich nicht an und sagte kein Wort. Nach 22 Jahren Ehe wusste ich Bescheid.
Ich kochte vor Wut. „Dein Schweigen ist betäubend.“
„Ich will Dich nicht wieder belügen, aber ich kann Dir auch nicht die Wahrheit sagen“, antwortete er.
In einem Moment schnellte ich über den schweren Eichentisch im Wohnzimmer; mein Mann verzog sich in die Ecke hinter dem Tisch und stand da, zitternd und schwitzend. Nach 22 Jahren des Betrugs war ich zerbrochen und bereit, diesen Mann zu töten, der den Sex wie einen Götzen behandelte. Stattdessen rief ich eine Freundin an und bat sie, mich in eine psychiatrische Klinik zu fahren. Dort, umgeben von kahlen Wänden und dem Geruch von Desinfektionsmitteln, wurde mir klar, dass ich mich von meinem Mann trennen und mich scheiden lassen musste. Ich musste ein neues Leben suchen, allein. Ich habe so viel verloren wegen sexueller Lust und Stolz. Wenn du mit Sexabhängigkeit kämpfst, glaube bitte nicht die Lüge, dass deine Lust niemand anders verletzt. Glaube bitte nicht, dass du diese Sache allein besiegen kannst. Bitte habe keine Angst davor, dich anderen gegenüber verletzbar zu machen und jemandem die ganze Wahrheit mitzuteilen, jemandem, der dir helfen kann, weil er selbst schon dort war.
Mein Mann hat dreimal an den Treffen einer Selbsthilfegruppe teilgenommen. Ich erinnere mich daran, wie der Leiter der Gruppe an einem Samstagmorgen bei ihm anrief und ihn fragte, wie es ihm ginge; nachdem mein Mann das Telefongespräch beendet hatte, sagte er: „Der kann die richtigen Fragen stellen… ich hasse es, diese Fragen zu beantworten.“ Mein Mann ging nie wieder zu der Gruppe zurück, und er ist jetzt mein Ex-Ehemann. Bitte, bevor du deine Familie verlierst, suche noch heute Hilfe.
Ich habe eingewilligt, meine Geschichte zu erzählen, weil wir Frauen über diese Dinge reden müssen. Vor einer Weile wurde in einer Radio-Sendung über dieses Thema gesprochen, und ich kann in Worten kaum beschrieben, wie viel mir dies bedeutet hat; ich erkannte, dass ich nicht allein war.
Linda
Bildquelle: ©josealbafotos/Pixabay.com
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