was pornografie ist und was sie mit uns macht

WAS SIE IST UND WAS SIE MIT UNS MACHT

Die Schülerin/der Schüler kann:

  • Wertvolle Beziehungs-Bausteine nennen

  • Unterschiede von Realität und virtueller Welt kennen

  • Persönliche Grenzen deklarieren und verteidigen

  • Gesetze, die persönliche Grenzen schützen, wiedergeben

  • In altersgerechter Sprache erklären, was Pornografie ist

  • Wissen, was Pornografie im Leben und in Beziehungen von Menschen bewirkt

  • Möglichkeiten aufzählen, wie man in kritischen Situationen reagieren und sich abgrenzen könnte

  • Wissen, dass sie/er sich in schwierigen Situationen kompetente Hilfe suchen soll

  • Wissen, an wen sie/er sich wenden kann, wenn sie/er Unterstützung oder Schutz braucht

Pornografiekonsum ist heute nicht mehr auf die sprichwörtlichen „schmutzigen alten Männer“ beschränkt, sondern prägt längst den Medienhorizont auch von Kindern und Jugendlichen. Lange Zeit war von der Sexualpädagogik angenommen worden, dass Pornografie verschwinden würde, wenn die Sexualität erst durch die Aufhebung von Tabus und ausführliche Aufklärung befreit worden wäre. Tatsächlich ist das Gegenteil eingetreten. Dies hat vielfältige Gründe, die zum Teil mit der Komplexität von Sexualität und Anpassungsfähigkeit der Pornografie zu tun haben, aber auch mit der medialen Revolution durch das Internet und seiner Verfügbarkeit auf Smartphones.

Bereits vor 20 Jahren lag der Gesamtumsatz von pornografischen Materialien alleine in den USA bei über 4 Milliarden Dollar. Es gab und gibt also einen enormen wirtschaftlichen Anreiz, einerseits immer mehr Pornografie zu produzieren und andererseits die Geräte, auf denen sie konsumiert wird, immer weiter zu verbessern. Allein auf der umfangreichsten pornografischen Website „Xvideos“ stehen zurzeit über 7 Millionen Clips und Filme zur kostenlosen (das Geschäft wird über Bannerwerbung und Links zu kostenpflichtigen Angeboten gemacht) Verfügung, die keinerlei altersmäßigen Beschränkung unterliegen.

So verwundert es nicht, dass heute schon Grundschulkinder (meist noch zufällig bzw. unfreiwillig) mit Pornografie in Berührung kommen. Viele Sexualpädagoginnen/Sexualpädagogen beruhigen Eltern immer noch mit der Ansicht, dass das ohne großen Einfluss auf die weitere psychosexuelle Entwicklung bleibe, weil die Kinder diese Kontakte nicht positiv bewerteten, sondern sich eher geschockt und angeekelt zeigten.

Tatsächlich beruht aber die erregende Wirkung von Pornografie u. a. sogar darauf, dass Schock und Ekel als emotionale und als Lustverstärker wirken. Der sich oft schnell entwickelnde Drang zum Pornografiekonsum ist erklärbar durch eine komplexe Prägung der sexuellen Erregbarkeit auf eine Kombination von

Angstlust

Ekellust

Lustgewinn durch Tabubruch (man ist sich der Ungehörigkeit bewusst)

Lust durch bloß passives Schauen (früher Voyeurismus genannt)

Lust durch Suchen und Finden immer neuer visueller Stimuli (Gier nach Neuem)

Lust durch das Omnipotenzgefühl als Regisseur der eigenen sexuellen (Phantasie-) Realität

Lust, die dadurch entsteht, dass unser eigener Körper durch die Rückkoppelung, die über die sog. Spiegelneuronen stattfindet, unmittelbar auf visuelles Geschehen reagiert

Lust, die durch das gleichzeitige Schauen und Selbstbefriedigung entsteht, was zusätzlich konditionierend wirkt (Beispiel: Pawlow’scher Hund, der nach kurzer Zeit bereits auf den Ton der Pfeife so reagiert, als ob er tatsächlich gefüttert wird.)

Kinder und Jugendliche durchschauen die Komplexität nicht, da sie selbst noch keine eigenen Erfahrungen mit partnerschaftlicher Sexualität gemacht haben, die als Korrektiv wirken können (aber nicht müssen).

Zwar trifft vieles vom hier Gesagten auch auf den Konsum anderer Medien zu, der Unterschied ist aber, dass selbst bei anderen sog. „Körper-Genres“, also Thriller, Horror, Action, Melodrama, die Wirkung mehr auf einer Erzählung und Dialog basiert, als auf dem Aneinanderreihen von starken Körpereffekten. Zudem berührt Sexualität weit mehr das Innerste, weil sie, zusätzlich zur Lust, einen Trosteffekt bewirkt. Gerade Kinder und Jugendliche können sich daran gewöhnen, in belastenden, unangenehmen emotionalen Situationen, auf Pornografie als Wohlfühlritual zurückzugreifen, das schnell sog. Glückshormone im Körper freizusetzen hilft.

Es ist daher Aufgabe dieser Einheit, den Unterschied zwischen (medialen) sexuellen Phantasien und der Sexualität, wie sie sich in einer partnerschaftlichen Beziehung real entwickelt und eingebunden wird, darzustellen.

Die besondere Herausforderung ist, über Pornografie zu sprechen (es versteht sich von selbst, dass explizites Material nicht im Unterricht verwendet werden kann), ohne Neugierde zu wecken oder auf nicht belegbare Wirkzusammenhänge hinzuweisen. Gut untersucht sind die Zusammenhänge zwischen Pornografiekonsum und der Zunahme von sexueller Aggression, sowie die Übernahme unrealistischer Sexualvorstellungen, wie etwa die Annahme, dass Analverkehr für jeden besonders lustvoll sei. Daran zeigt sich auch ein wesentliches Dilemma zwischen den Möglichkeiten des Unterrichts und der Wirkung von Pornografie: Letztere kann sich darauf verlassen, dass „Bilder mächtiger sind als Worte“, weshalb sie auch zum wichtigsten Aufklärungsmedium bei Kindern und Jugendlichen avanciert ist, obwohl sie dafür völlig untauglich ist.

Pornografie

IDEEN FÜR DIE UNTERRICHTSGESTALTUNG

Einführung bzw. kurze Wiederholung:

Der menschliche Körper, Nacktheit und Sexualität sind gut und kostbar. Und klar, logisch ist, dass wir kostbare Dinge sorgsam behandeln.
Möglicher Einstieg ins Thema: „Wer von euch hat schon mal Fußball gespielt?“ „Wo spielt ihr denn?“ „Was verwendet ihr, wenn es keine Tore gibt?“ „Hat schon mal jemand von euch einen Fernsehbildschirm dafür verwendet, so einen richtig großen?“ „Wieso nicht?“ „Ist der Bildschirm schlecht oder böse?“
Nein, er ist einfach nicht dafür gemacht und geht dabei kaputt, sodass er auch nicht mehr für seine ursprüngliche Funktion taugt.

Welche Bausteine verwendest du?
Anschauungsmaterial:
Legotechnik-Fahrzeug, Transformers, Computerplatine, Ziegelstein, Zutaten für einen Obstsalat oder Ähnliches.
Um etwas zu bauen, sind die die richtigen Materialien und Bauteile notwendig. Für ein Haus benötigt man Beton und ein Auto fährt nur mit einem Motor.

ARBEITSBLATT E 8-1 „Bausteine“ und ARBEITSBLATT E 8-1x Bonus 
Gemeinsamer Vergleich: Welche Bausteine stehen für Beziehungen und Sexualität zur Auswahl? Respekt, Freundschaft, Warten, Liebe, Ehrlichkeit, Treue, Wahrheit, Lüge …
Welche Bausteine sind euch am wichtigsten?

Was ist Pornografie?
Erklärung des Wortes Pornografie. Jan erzählt, wie er mit einem Pornoheft in Berührung gekommen ist. Bei seinem großen Bruder findet er ein offenes Ohr und bekommt hilfreiche Tipps.
ARBEITSBLATT E 8-2 „Jans Geschichte“


Realität oder virtuelle Welt
Pornografie stellt Frauen, Männer und ihre Sexualität oft ganz anders dar, als sie wirklich sind. Das kennt ihr auch aus der Werbung, wo Spielzeug oder Essen meistens viel besser und schöner dargestellt wird, als es in Wirklichkeit ist. Mit Hilfe von Computern kann man sehr viele Dinge anders aussehen lassen, als sie sind.

ARBEITSBLATT E 8-3 Bonus „Toothless Lew“
Kurzes Brainstorming: Mit welcher Absicht wird die Realität oft anders dargestellt, als sie tatsächlich ist?

Grenzen – Was ist erlaubt?
Wie sieht es mit deinen Freunden, deiner Familie und deinen Bekannten aus? Dürfen andere mit dir tun, was immer sie gerade wollen?

ARBEITSBLATT E 8-4 „Grenzen“

Brainstorming:
Wieso ist es wichtig, persönliche Grenzen zu haben?
Hinweis auf gesetzliche Lage bezüglich Nacktfotos von Minderjährigen etc.

Gruppenzwang

ARBEITSBLATT E 8-5 „Skikursgeschichte“ Bonus

Wahrheit oder Lüge

Spiel:
Jede Schülerin und jeder Schüler schreibt seinen Namen und 3 Aussagen über sich selbst auf einen Zettel, wobei eine der Aussagen falsch und zwei richtig sein sollen.

Etwa: 1. Ich hab ein Galaxy S6, 2. Ich spiel gern auf der Wii, 3. Ich habe kurze Haare

Die Zettel werden eingesammelt, vermischt und anschließend zieht jede Schülerin und jeder Schüler einen. Jeder versucht nun zu erraten, welche Aussage falsch ist.

Brainstorming:
Was sind mögliche Konsequenzen, wenn man in unterschiedlichen Situationen die Wahrheit sagt bzw. lügt. z. B.: Facebook, Eltern, Lehrerinnen/Lehrer?