UMGANG MIT GEFÜHLEN
Die Schülerin/der Schüler kann:
Sich zu verlieben ist eines der Gefühle, das die Schülerinnen und Schüler in dieser Altersstufe zunehmend erleben. Gut mit den damit verbundenen Gefühlsstürmen und ihren Schattenseiten – Eifersucht, Zweifel am eigenen Liebeswert, Gerüchten und Spott der Kameraden – umgehen zu lernen, ist Teil eines lebenslangen Lernprozesses.
In der heutigen, stark medial geprägten Kultur, die bloße Verliebtheit bereits als Liebe in ihrer Gesamtheit präsentiert und die Verliebtheit und „miteinander gehen“ rund um die Uhr zelebriert, ist es wichtig, den Schülerinnen und Schülern zu vermitteln, dass Verliebtheitsgefühle wie alle anderen Gefühle kommen und gehen, und dass sie uns zwar helfen, uns lebendig und glücklich zu fühlen, aber erst durch Ernsthaftigkeit und Tiefe ihren Wert erlangen.
Erklärungen der körperlichen und seelischen Prozesse, die dabei stattfinden, wirken entlastend und entdramatisierend. Das Gefühl der Verliebtheit wird eingeordnet – etwa unter Zuhilfenahme der sechs Grundaffekte, die schon Descartes unterschied: Liebe, Hass, Verlangen, Freude, Traurigkeit, Bewunderung. Gerade bei der Verliebtheit können alle diese Emotionen in den verschiedenen Stadien ihren Ausdruck finden. Vertiefend kann auch auf Robert Plutchiks Rad der Emotionen zurückgegriffen werden (vgl. Abb.).
Eine Frage, die viele Jugendliche bewegt, selbst wenn sie selbst noch nie verliebt waren, ist, ob man jedes Mal eine neue Beziehung anstreben muss, wenn man sich verliebt hat und ob es nicht eine „Lüge“ ist, mit jemanden auch dann noch zusammen zu sein, wenn man nicht mehr völlig berauscht ist von ihr oder ihm. Hier bietet sich die Chance, darauf hinzuweisen, dass sogar erst das Ende des Liebesrauschs den Aufbau einer tragfähigen Beziehung auf der Basis von Vertrauen, Verlässlichkeit und gemeinsamen Interessen, Zielen und Erlebnissen ermöglicht.
Das führt dann organisch dazu, Verliebtheit und den Wunsch und das ausgesprochene Lebensziel vieler Kinder und Jugendlicher nach einer eigenen Ehe und Familie zu thematisieren. Eine stabile Beziehung und vertrauensvolles Eingebundensein in eine Familie entsprechen einer Grundsehnsucht des Menschen nach Geborgenheit und Identität, die nicht nur im Individuum begründet liegt, sondern im sozialen Verband, dem wir uns zugehörig fühlen.
Untersuchungen zeigen allerdings, dass die Beziehungskompetenz und die Bindungsfähigkeit junger Menschen stark abgenommen haben. Man wünscht sich also dauerhafte Beziehungen, weiß aber nicht so recht, wie dieses Ziel zu erreichen ist. Ein wesentlicher Inhalt dieser Einheit besteht deshalb darin, Schülerinnen und Schülern hilfreiche Impulse zur Gestaltung von langfristigen Beziehungen, von Freundschaften bis hin zur Paarbindung zu geben.
Ziel dieser Einheit ist es, dass die Schülerinnen und Schüler sich mit ihren Gefühlen beschäftigen und sie in die Konzepte von Liebe und Verliebtheit einordnen können. Sie können so verschiedene Möglichkeiten entdecken, konstruktiv mit Verliebtheitsgefühlen zwischen Himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt umzugehen.
IDEEN FÜR DIE UNTERRICHTSGESTALTUNG
Einstieg: Liebe ist …
Die Schülerinnen und Schüler kreuzen auf Blatt E 6-1 mit Bleistift die Aussagen an, die sie zutreffend finden.
Verliebtheit oder Liebe?
Auf Flipchart notieren, was die Schülerinnen und Schüler unter „Verliebtheit“ verstehen und was sie unter dem Begriff „Liebe“ einordnen. Sehen sie die Unterschiede?
Was erleben sie zu diesem Thema im Schulalltag, bei ihren Kollegen etc.?
Über die Unterschiede ins Gespräch kommen. Dazu auch Bilder als Hilfen verwenden.
Illustration Verliebtheit: Seifenblasen. Schön, schillernd, bunt und oft plötzlich wieder geplatzt. Wer schafft es, die größten Blasen zu „zaubern“?
Verliebtheit ist …
… wie eine Wunderkerze:
Prickelnd, sprühend, faszinierend, wunderschön, leuchtend, aber nicht nachhaltig oder dauerhaft. Man kann damit keinen Raum erwärmen.
… wie ein Schmetterling, der sich auf unsere Hand setzt:
Plötzlich da, taucht oft unerwartet auf, flattert aber möglicherweise auch plötzlich wieder davon. Farbig, schillernd, ‚neu‘, geheimnisvoll … Es kann uns ein Leben lang passieren, dass wir uns in jemanden verlieben (auch immer wieder neu in die Partnerin oder den Partner, mit der/dem wir unser Leben teilen).
Liebe ist …
… wie ein Feuer:
Etwas, das auf Dauer angelegt wird, das langfristig Wärme abgibt, das wir pflegen, bei dem wir immer wieder Holz nachlegen.
… auf das Du ausgerichtet:
Wenn wir lieben, geht es nicht in erster Linie darum, was wir vom anderen profitieren, sondern was wir ihm geben können. Liebe denkt nicht (nur) an sich, sondern hat das Wohl des geliebten Menschen im Blick.
… eine Entscheidung:
Liebe orientiert sich nicht nur am Gefühl, sondern gründet in einer bewusst gefällten Entscheidung für den geliebten Menschen. Der Entschluss, ‚gute und schlechte Zeiten‘ gemeinsam zu bewältigen, stellt eine Liebesbeziehung auf ein haltgebendes Fundament. (Nicht ohne Grund planen die meisten Menschen, irgendwann zu heiraten. Ehe und Familie scheinen der Grundsehnsucht des Menschen nach stabilen Beziehungen und Eingebunden-Sein zu entsprechen) Liebe und Verbindlichkeit/Treue gehören zusammen wie zwei Seiten derselben Münze.
Die Toblerone-Übung:
Die Lehrperson bringt eine große (dreieckige) Toblerone-Schokolade in den Unterricht mit. Sie erklärt, dass die Schülerin oder der Schüler, die/der es schafft, die Tafel mit der spitzen Seite nach unten auf den Tisch zu stellen, sodass sie stabil steht, (ohne Hilfsmittel) die Schokolade behalten darf.
Liebesbeziehungen lassen sich damit vergleichen. Will man sie auf der Verliebtheit (der spitz zulaufenden Seite) aufbauen, fehlt die Stabilität. Nur auf der breiten Seite (Liebe) steht das Ganze.
Kurzes Brainstorming:
Antworten auf farbige Zettel schreiben lassen und dann aufkleben:
Was macht eine Liebesbeziehung auf die Dauer tragfähig und sicher?
Was braucht es für eine gute, stabile Paar-Beziehung?
Umgang mit Verliebtheit und Liebe: Entscheidungen treffen
Wir sind als Menschen unseren Gefühlen nicht hilflos ausgeliefert, sondern können uns entscheiden, wie wir mit ihnen umgehen wollen. „Wenn ich Gefühle für jemanden habe, kann ich mich dafür entscheiden, mit dieser Person eine Beziehung einzugehen und ich kann mich ebenso dagegen entscheiden. Verliebtsein muss nicht zwingend eine Beziehung zur Folge haben.“
Auch verheiratete Leute verlieben sich manchmal (vorübergehend) in jemand anderen. Das muss jedoch nicht heißen, dass sie deshalb eine neue Beziehung eingehen und ihren Ehepartner verlassen.
Ich entscheide, ob ich verliebte Gefühle nähre oder sie „weiterziehen“ lasse, weil mir „die Beziehung“, in der ich bin, wichtig ist. Weil Treue für mich ein Wert ist. Weil ich langfristig denke und nicht nur den Moment sehe.
Umgang mit Verliebtheit und Liebe: Entscheidungen treffen
Verschiedene Varianten, mit Verliebtheit umzugehen, auf Flipchart schreiben. Welche findet Ihr gut, welche weniger gut/unangenehm?
Es in den Chat stellen, ihr/ihm immer wieder kleine Nachrichten senden
In mein Tagebuch schreiben, dass ich verliebt bin
Die ‚Schmetterlinge im Bauch‘ genießen
Mich total auffällig benehmen, auf mich aufmerksam machen
Mir nicht viel anmerken lassen, aber schauen, dass ich viel in der Gruppe mit ihr/ihm zusammen sein kann.
Ihr/Ihm Liebesbriefe schreiben
Es einer vertrauenswürdigen Person erzählen
Den anderen fragen, ob er oder sie mit mir „zusammen sein“ will.
Abschluss: Die Schülerinnen und Schüler gehen den Fragebogen ‚Liebe ist …‘ nochmals durch und schauen, ob sie die Kreuze zum Teil noch umplatzieren möchten oder ob es für sie nach wie vor so stimmt.